Als ich das Buch das erste Mal für eine Kundin bestellte und las, worum es ging fühlte ich mich sofort angesprochen. Im zweiten Augenblick dachte ich, dass sich wahrscheinlich jeder bei solchen Themen angesprochen fühlt und mir das Buch deshalb nicht richtig helfen kann. Doch da meine eigene familiäre Situation leider alles andere als harmonisch ist und mich das in jüngster Zeit immer wieder sehr traurig und nachdenklich stimmte, war mein dritter Gedanke: „Was hast du schon zu verlieren?“
Gesagt – getan. Buch bestellt und mit nach Hause genommen. In meiner Naivität dachte ich, ich fange das eben einfach mal an zu lesen und in ein paar Tagen habe ich es dann durch. Nach dem ersten Kapitel war mir aber sofort klar: Daraus wird nichts. Tatsächlich habe ich das Buch wieder weggelegt, denn ich habe sofort verstanden, dass es mich, auch ohne dass die Autorin mich je persönlich kennen gelernt hatte, sehr berühren wird und dass es keine leichte Lektüre sein würde, die einem einfach so beim Durchlesen hilft. Im Gegenteil: Es wird Energie abverlangen sich mit dem inneren Kind zu beschäftigen.
Ganz automatisch fühlte ich mich beim Lesen angesprochen. So simpel die Vorgänge rund um das innere Kind auch in diesem Werk zu scheinen mögen: Wenn man sich mit dem eigenen inneren Kind beschäftigt, ist es umso komplexer.
Nach einigen Tagen beschloss ich, das Buch anfangs nur zu lesen, wenn ich einen wirklich guten Tag hatte und die Kraft dafür aufbringen konnte, mich mit meinem „inneren Kind“ zu beschäftigen. Kapitel für Kapitel, ganz in meinem Tempo, ganz in meiner Art und Weise. Jedes Kapitel muss verstanden und verarbeitet werden, jedes Kapitel löst etwas in einem aus.
Die „Schablone“ des verletzten und glücklichen inneren Kindes so zu beschreiben, dass sie scheinbar auf jeden zutrifft und die richtigen Knöpfe im Inneren drückt: Das ist der Autorin unbeschreiblich gut gelungen. Man lernt, dass man als Eltern gar nicht alles richtig machen kann und dass es quasi keinen Menschen auf der Welt geben wird, der ein komplett gesundes inneres Kind hat. Man lernt aber auch, wie viele Verletzungen und glückliche Erinnerungen des inneren Kindes das Erwachsenenleben beeinflussen – denn das innere Kind ist ein ständiger Begleiter.
Ich durfte lernen, dass ich einige meiner Macken, die ich mir selbst nicht so richtig verzeihen konnte, mir nicht mehr übel nehmen muss. Auch durfte ich lernen, dass es okay ist manche Dinge zu verzeihen aber eben auch, dass man manche Dinge nicht verzeihen muss.
Meine – zugegeben recht komplizierte und traurige – Beziehung zu meiner Mutter hat mich schon immer sehr geprägt und oft ins Negative verändert. Die Mechanismen dahinter konnte ich mit Hilfe dieses Buches verstehen. Ob mein inneres Kind Heimat gefunden hat? Ich denke es ist, auch dank dieser Lektüre, auf dem Weg dort hin. Am Anfang wurde mir die Verletzung des inneren Kindes erst einmal sehr deutlich bewusst. Man musste beim Lesen erst durch ein Tal gehen, bevor man wieder bergauf gehen durfte. Doch am Ende hat es mir geholfen mich selbst und meine, manchmal sehr intensiven Emotionen zu verstehen und zu begreifen. Auch dass meine Vergangenheit manchmal unbemerkt mein tägliches Ich beeinflusst hat und dass das nicht sein muss. Fazit: Das Buch hat mir wirklich sehr geholfen!
Dieses Buch ist etwas für jeden, der in seiner familiären Vergangenheit etwas hat, das ihn nicht los lässt – ob gut oder schlecht. Aber dieses Buch braucht, nach meiner Erfahrung, zwei Dinge:
1.) Zeit und Geduld: Das ist keine einfache Gute-Nacht-Lektüre, sondern ein Begleiter für einen tiefen individuellen Weg der Seele, der Zeit und eigenes Tempo benötigt.
2.) Den Willen sich auf dieses Thema einzulassen. Wer nicht wirklich bereit ist, mit sich und dem inneren Kind zu arbeiten und damit mit der Vergangenheit zu arbeiten, wird mit Sicherheit nicht so sehr davon profitieren können.

Ein Kommentar zu „Das Kind in dir will Heimat finden…“